Das Leben mit einer Behinderung ist oft mit vielen Hürden und Schwierigkeiten verbunden. Neben der optimalen Behandlung des Betroffenen stellt sich oft auch die Frage nach der allgemeinen Bewältigung im Alltag, der finanziellen Unterstützung von Versorgungsämtern oder anderen Einrichtungen sowie Integration in das Berufsleben.
Denn häufig ist es für beeinträchtigte Menschen schwierig, auf dem regulären Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu finden, da viele Arbeitgeber lieber die Ausgleichsabgabe zahlen, als Menschen mit einer Behinderung zu beschäftigen.
Wir sind für Gleichberechtigung und Integration von Menschen mit einer Behinderung und möchten Ihnen Mut machen, sich wie alle anderen zu bewerben. So haben wir für Sie aber auch für alle zu diesem Thema Interessierten auf dieser Seite wichtige Punkte zusammengestellt:
Zunächst ist es uns wichtig, die gewissen Grundsteine zu klären. Hierzu gehört mitunter, die verschiedenen Behinderungsarten zu kennen, denn über einen Behindertenausweis verfügen beispielsweise auch Menschen mit Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schädigungen der inneren Organe, wie etwa nach einer Krebserkrankung.
Der Begriff „Behinderung“ ist im § 2 SGB IX genau definiert: „Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. .“
Hierunter fallen verschiedene Krankheitsbilder oder körperliche bzw. gesundheitliche Beeinträchtigungen wie beispielsweise folgende:
Behinderungen werden in Grade eingestuft. So gibt es den Grad der Behinderung (GdB) und den Grad der Schädigungsfolgen (GdS). Beide Begriffe unterscheiden sich lediglich dadurch, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen unabhängig von ihrer Ursache und der GdS nur auf die Schädigungsfolgen bezogen ist. Der Gds ist im Prinzip im sozialen Entschädigungsrecht und im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung relevant. Wir beschäftigen und hier rein auf den GdB.
Eine Behinderung ab einem GdB von 50 gilt als Schwerbehinderung. In diesem Fall kann ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden, in welchen der GdB und gegebenenfalls die entsprechenden Merkzeichen eingetragen werden.
Eine Behinderung, Krankheit oder körperliche bzw. gesundheitliche Beeinträchtigung in der Bewerbung anzugeben, ist kein Muss, schon gar nicht mehr seit Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes.
Denn seither müssen folgende Angaben nicht mehr in der Bewerbung angegeben werden:
Zunächst sollte man sich selbst die Frage beantworten, ob man seine Beeinträchtigung in der Bewerbung angibt und wenn ja, was man dann am besten sagt.
Grundsätzlich ist man nicht verpflichtet, eine Behinderung dem Arbeitgeber mitzuteilen, wenn diese Sie bei der direkten Ausübung der Tätigkeiten einschränkt oder zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit führt.
So entscheiden sich lt. Umfragen die meisten Bewerber mit einer weniger offensichtlichen Behinderung dafür, die Behinderung in der Bewerbung zunächst nicht zu erwähnen und erst im Vorstellungsgespräch anzusprechen. Dadurch wird ein Bewerber mit einer Behinderung bei der Durchsicht der Bewerbungsunterlagen wie alle anderen Bewerber behandelt und kann im Vorstellungsgespräch Vorbehalte bezüglich seiner Behinderung aus dem Weg räumen.
Unser Rat: Spielen Sie mit offenen Karten.
Im Anschreiben sehen wir es als nicht sinnvoll, eine Behinderung, Krankheit oder körperliche bzw. gesundheitliche Beeinträchtigung zu erwähnen. Doch hier gibt es natürlich Ausnahmen, die Sie selbst anhand Ihrer Situation abwägen sollten.
Besser sprechen Sie „dieses Thema“ direkt beim Vorstellungsgespräch an. Am besten ganz am Ende des Gesprächs, wo Sie die Möglichkeit der Fragestellung an den Personalentscheider erhalten. Bis dahin hatten Sie die Möglichkeit, mit Ihren fachlichen und persönlichen Kompetenzen zu überzeugen. Darüber hinaus bleibt am Ende des Gesprächs ausreichend Zeit, um Ihre gesundheitliche Situation zu besprechen, ohne dass der übliche Gesprächsablauf unterbrochen wird.
Wenn Sie beim Vorstellungsgespräch direkt nach einer Behinderung, Krankheit oder körperlichen bzw. gesundheitlichen Beeinträchtigung gefragt werden, sollten Sie ehrlich antworten.
Ist die Behinderung auf den ersten Blick erkennbar, Sie beispielsweise auf einen Rollstuhl angewiesen sind, sollten Sie dem Personalentscheider die Möglichkeit geben, sich darauf vorzubereiten. Er kann dann beispielsweise dafür sorgen, dass das Vorstellungsgespräch in einem Raum stattfindet, der barrierefrei ist.
Bei der Bewerbung auf Stellen im öffentlichen Dienst sollten Sie Ihre Behinderung bereits im Anschreiben angeben. Denn Ämter und Behörden sind verpflichtet, alle fachlich passenden behinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Dies gilt für Bewerber ab einem Grad der Behinderung von 50 oder für gleichgestellte Bewerber mit einem GdB von 30.
Vorsicht: Wird später bekannt, dass Sie jegliche Art einer Behinderung „verschwiegen“ haben, kann dies (unter besonderen Voraussetzungen) sogar ein Kündigungsgrund sein.
Zusätzlich können folgende besondere Rechte für Behinderte im Arbeitsverhältnis nicht geltend gemacht werden:
Bei vielen Arbeitgebern führen diese Rechte allerdings zu Vorurteilen gegenüber dem Bewerber oder auch zu Verunsicherung, denn sie fürchten sich besonders vor dem besonderen Kündigungsschutz sowie den zusätzlichen Kosten durch die Umgestaltung des Arbeitsplatzes. Dies muss jedoch nicht sein, denn Arbeitgeber können bei der Beschäftigung Schwerbehinderter zahlreiche Förderungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen.
Im Allgemeinen dürfen im Vorstellungs- oder Einstellungsgespräch lediglich Fragen gestellt werden, die für die Durchführung des Arbeitsverhältnisses und für die ordnungsgemäße Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung von Bedeutung sind. So beschreibt dies das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – umgangssprachlich auch Anti-Diskriminierungsgesetz genannt – welches Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern und beseitigen soll.
Die Frage nach der Eigenschaft oder dem Grad der Behinderung ist somit unzulässig. Es sei denn, es besteht ein konkreter Zusammenhang zwischen der Behinderungserkrankung und dem zu besetzenden Arbeitsplatz (BAG, Urteil vom 11.11.1993, R 467/93), d. h. wenn die Behinderung bei der direkten Ausübung der Tätigkeiten einschränkt oder zu einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit führt.
Hier sollten Sie zunächst einen kühlen Kopf bewahren und die Art der Frage für sich selbst bzw. der Situation nach abwiegen.
Unser Rat: Spielen Sie mit offenen Karten. Je nachdem, um was für eine Frage es sich handelt und wie offen Sie dieser gegenüberstehen.
Wenn Sie die Frage nicht beantworten möchten: Antworten Sie nett und höflich, dass Sie lt. dem AGG auf diese Frage keine Auskunft geben müssen oder die Intimitätszone überschritten wurde. Doch dies kann die Atmosphäre empfindlich stören und Sie riskieren möglicherweise den neuen Arbeitsplatz.
Es kann bei kleinen oder mittelständischen Betrieben sogar vorkommen, dass unbeabsichtigt eine unzulässige Frage gestellt wird – möglicherweise aus Unwissenheit zur Existenz des AGG.
Ob die Frage nun unbeabsichtigt, aus Nichtwissen oder aus dem Grunde heraus, dass das AGG dem Personalentscheider mehr oder weniger egal ist, gestellt wurde, spielt letzten Endes jedoch keine Rolle. Wichtig ist vielmehr, was Sie über Ihre fachlichen Kompetenzen hinaus alles Preis geben möchten.
Wurden Sie im Vorstellungsgespräch nicht nach einer möglichen Behinderung gefragt und eine weniger offensichtliche Behinderung liegt vor, raten wir, „dieses Thema“ ganz am Ende des Gesprächs anzusprechen. Bis dahin hatten Sie die Möglichkeit, mit Ihren fachlichen und persönlichen Kompetenzen zu überzeugen. Darüber hinaus bleibt am Ende des Gesprächs ausreichend Zeit, um Ihre gesundheitliche Situation zu besprechen, ohne dass der übliche Gesprächsablauf unterbrochen wird.
Hierbei haben wir ein paar Tipps zusammengestellt:
Arbeitgeber mit mindestens 5 Behinderten Arbeitnehmern müssen lt. § 95 SGB IX ff. über eine Behindertenvertretung – umgangssprachlich auch Gleichstellungsbeauftragte genannt – verfügen. Diese kümmern sich um sämtliche Belange der Arbeitnehmer mit einer Behinderung.
Unser Rat: Setzen Sie sich vor der Bewerbung direkt mit dieser „Person“ in Verbindung. Dies kann ein erster Schritt sein, um herauszufinden, ob eine Bewerbung bei dem potentiellen neuen Arbeitgeber Sinn macht.
Weiter hat die Behindertenvertretung bei Vorliegen von Bewerbungen Behinderter Menschen das Recht, an allen Vorstellungsgesprächen im Zusammenhang mit der Stellenbesetzung teilzunehmen und Einsicht in alle vorhandenen Unterlagen aller zum Vorstellungsgespräch geladenen Bewerber zu nehmen.
Bei der Einladung zum Vorstellungsgespräch müssen Sie über die geplante Teilnahme der Behindertenvertretung informiert werden. Sie können diese Teilnahme allerdings auch ablehnen.
Die Bundesagentur ist nicht nur zuständig für die Beratung von Arbeitsuchenden oder die Vermittlung geeigneter Ausbildungs- oder Arbeitsplätze. Neben zahlreichen weiteren Angeboten finden beeinträchtigte Menschen im Reha-Team, welche in allen Agenturen für Arbeit aufzufinden sind, Unterstützung und Förderung von speziell geschulten Beratungskräften.
Das Ziel des Reha-Teams ist es, individuelle Maßnahmen und Leistungen anzubieten, die Jugendliche und Erwachsene bei einer vorhandenen Behinderung oder einer drohenden Behinderung helfen sollen, möglichst auf Dauer am Arbeitsleben teilzuhaben.
Dabei richten sie sich nach dem Grundsatz: "So normal wie möglich, so speziell wie nötig."
In einer Gesellschaft, die Erfolg und Leistungsfähigkeit zum Leitbild erhebt, haben es Behinderte und sozial Schwache schwer. So sind Menschen mit Behinderung überdurchschnittlich oft arbeitslos. Viele davon verfügen über gute fachliche Qualifikationen, trotzdem finden nur wenige einen Arbeitsplatz, der ihren Fähigkeiten entspricht. Die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung liegt mit 13,9 Prozent fast doppelt so hoch wie bei Menschen ohne Behinderung. (Stand: September 2015)
Ein Grund kann darin liegen, manche Arbeitgeber Angst haben, Schwerbehinderte einzustellen. Sie fürchten krankheitsbedingte Fehlzeiten oder mangelnde Leistungsfähigkeit. Auch die Angst vor dem besonderen Kündigungsschutz der Schwerbehinderten oder den zusätzlichen Kosten durch die Umgestaltung des Arbeitsplatzes hemmt lt. Umfragen oft die Einstellung.
Es kann aber auch durchaus sein, dass ein Arbeitgeber noch nie eine Bewerbung eines Menschen mit Behinderung, Krankheit oder körperlicher bzw. gesundheitlicher Beeinträchtigung erhalten hat und selbst nicht weiß, wie er damit umgeht.
Dies können Sie im Vorfeld leider nicht herausfinden. Doch versuchen Sie Ihr Glück mit einer Bewerbung, wie jeder andere Bewerber auch. Die Bewerbungsphase ist für alle ein harter Weg und Sie haben nichts zu verlieren, sondern können eher dazugewinnen – an Erfahrung oder auch durch einen neuen Arbeitsplatz!
Private und öffentliche Arbeitgeber mit jahresdurchschnittlich mindestens 20 Arbeitsplätzen müssen derzeit wenigstens 5 Prozent der Arbeitsplätze mit schwerbehinderten Menschen besetzen (Stand: 01.01.2016). Erreichen Arbeitgeber diese Zahl nicht, müssen sie eine Ausgleichsabgabe zahlen (§§ 77 und 80 SGB XI).
Rund 146.000 Unternehmen gibt es in Deutschland, die Schwerbehinderte beschäftigen müssten. Davon beschäftigen etwa 35.000 Unternehmen Schwerbehinderte. Der Rest „kauft sich frei“ und zahlt lieber eine Ausgleichsabgabe zwischen aktuell 125 und 320 Euro pro Monat und unbesetztem Pflichtarbeitsplatz – jährlich zusammen eine halbe Milliarde Euro (Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Stand 2014).
In Deutschland gab es zum Ende 2017 rund 3,3 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter (zwischen 15 und 65 Jahren), die eine Behinderung haben. Häufig ist diese nicht angeboren, sondern Folge einer Erkrankung: dazu zählen Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schädigungen der inneren Organe, wie etwa nach einer Krebserkrankung.